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EIGENBAU
Notizen zum "Thema Sonnenuhr"
Wenn man an mir nicht rückt,
auf mich die Sonne freundlich blickt,
dann zeig' ich jedem, der mich liest,
wie Zeit und Stunde friedlich fließt.

SwC

Alle "Zeiten" in den nachfolgenden Erläuterungen lassen sich ohne große Probleme auf einer Sonnenuhr anzeigen. Da der moderne Mensch in den meisten Fällen ganz einfach seine Armbanduhr mit der Sonnenuhr vergleicht, so muß die Sonnenuhr für diesen Fall die jeweilige Zonenzeit (z.B. in Mitteleuropa die MEZ: 15° ö.L., in Kalifornien die Pacific Time: 120° w.L.) anzeigen und einen Verweis auf die Zeitgleichung erhalten. In den angelsächsischen Ländern wird die Zonenzeit auch als Standard Time bezeichnet.
Abkürzungen:
  • MEZ: Mitteleuropäische Zeit= WOZ-ZG-L+1h oder =MOZ-L+1h
    Bis zur Etablierung der Eisenbahn, die mit der schnelleren Reisegeschwindigkeit eine Vereinheitlichung brauchte, hatte die WOZ gute Dienste getan. Ab 1893 wurde die MEZ in Deutschland gesetzlich. Sie ist eine Zonenzeit (In Europa praktisch die Bahnhofsuhr von Warschau bis Madrid), geht von gleichmäßiger Tages-, Stunden- und Minutenteilung aus und bezieht sich auf 15° ö.L. (Görlitz) von Greenwich.

    MEZ-Länder
    Rechts: Rückseite meiner Reisesonnenuhr

    In Madrid z.B. weisen diese beiden Zeiten eine nicht geringe Differenz aufgrund des beträchtlichen Unterschieds der Längengrade auf. Die "negative" Zeitgleichung ist mit zirka plus/ minus 5 Minuten im Sommer weniger von Bedeutung.

    MEZ-Madrid
    Rechts: Vorderseite meiner Reisesonnenuhr

    Zur MEZ-Zeitzone gehören auch einige Länder in Afrika: Algerien, Lybien, Nigeria, Angola...

    Für den heutigen Flugverkehr gilt die UT (Universal Time). Sie ist die mittlere Zeit am Bezugsmeridian 0° (Greenwich).

  • ZG: Zeitgleichung
    Man muß unterscheiden zwischen ZG "neuer" Definition (z.B. im Januar mit "negativem" Vorzeichen), mit dieser rechnen die Astronomen und Sonnenuhrenbauer in ihren Formeln seit zirka 1977 [H. Vilkner 1977], und der "negativen" ZG [3] F. Embacher S.76 als "alte" Definition die davor benutzt wurde und heute an Sonnenuhren angebracht wird (z.B. im Januar mit "postivem" Vorzeichen), um an der Sonnenuhr die landesübliche Tageszeit (MEZ) zu ermitteln.

    In der Frühzeit der Räderuhren war es eine Selbstverständlichkeit, die Ungenauigkeit dieser Uhren nach der Sonne zu justieren. Damit ging die Sonne richtig und die Räderuhr falsch und es galt:

    ZG= MOZ (Pendluhr)- WOZ (Sonnenzeit).

    Erst mit genaueren Räderuhren (z.B. Marinechronometer 1790) konnte auch die ZG genauer berechnet werden und ab 1834 ging die Räderuhr richtig und die Sonne falsch! Erst 1977 kam es zur Umstellung auf die neue Definition

    ZG= WOZ-MOZ.

    Es ist in Tabellen -auch in neueren Publikationen- auf die Vorzeichen zu achten!

    So findet man in einem Standardwerk [5] R. Rohr 1982, S.207, 42 unter der Überschrift Zeitgleichung die Werte aus alter Definition ("negative" ZG).

    Die auf meiner Reisesonnenuhr zu sehende ZG-kurve müßte eigentlich "negative" ZG heißen, da sie richtigerweise die umgekehrten Vorzeichen der neuen ZG hat.

    ...wenn die Sommerzeit mal nicht auf der Sonnenuhr angezeigt wird, so ist es wohl jedermann zuzutrauen, daß er diese eine volle Stunde hinzuzählt (sprich: plus eins)!

  • WOZ: Wahre Ortszeit= MOZ+ZG oder =MEZ+ZG+L-1h
    Gibt für den jeweiligen Standort die Zeit nach der Sonne an. Da die Erde sich ungleichmäßig um die Sonne bewegt, sind im Unterschied zur MOZ auch Tages-, Stunden- und Minutenteilung von Tag zu Tag geringfügig unterschiedlich. Sie hat allerdings den Vorteil, daß bei ihr um XII Uhr der Sonnenhöchststand angezeigt wird und damit naturverbundener als die MEZ ist. In Görlitz ist:

    12:00 Uhr-MEZ= XII Uhr-WOZ

    ,wenn an vier Tagen im Jahr die Zeitgleichung Null ist:
    am 15.April, 13.Juni, 01.Sept., 25.Dez.

    Zeitgleichung
    Zeitgleichung für Korrektur an der Sonnenuhr

  • MOZ: Mittlere Ortszeit= WOZ-ZG oder =MEZ+L-1h
    Diese geht von gleichmäßiger Tages-, Stunden- und Minutenteilung aus und bezieht sich auf den jeweiligen Standort. Sie ist keine Zonenzeit.
  • Geschichtliches:

    In südlichen Ländern, wo man zur Nachtruhe sich auf das Dach des Hauses begibt und täglich den herrlichen Sternenhimmel vorgeführt bekommt, wundert es nicht, daß besonders diese Völker (Babylonier, Perser, Araber...) sich um den Fortschritt der Astronomie verdient gemacht haben. <

    Auch die heutigen Bezeichnungen der Sternbilder gehen auf sie zurück. Allerdings haben sich diese Sternbilder der Astrologen (Sterndeuter) auf Grund der Präzession der Sonne seit zirka 2000 Jahren um ein Sternbild verschoben, so daß z.B. das Tierkreiszeichen Widder heute vor dem Sternbild Fische liegt.

    Für Sonnenuhren machen diese Tierkreiszeichen keinen Sinn. Sie können also nur als reine Dekoration verwendet werden.
    Die Diskrepanz zwischen unserer maschinell gleichgeteilten Uhrzeit und dem leicht unregelmäßigen Gang der Erde um die Sonne fällt zwar nicht in einem Menschenleben auf, doch nach mehreren Generationen wird man dies auch bei den Datumslinien sehen, da die Lage der Ekliptik (Deklination) sich in 40 000 Jahren um ~2.5° ändert (Auf die Genauigkeit der Stundenanzeige wirkt sich dieses nicht aus!). Bei einer 300 Jahre alten vertikalen Süduhr mit einem ein Meter langen Schattenwerfer differiert heute die Schattenlänge im Juni 2cm, im Dezember 0.5cm. Dazu gehört z.B. auch die große Zeitgleichungsschleife von San Petronio in Bologna, [2] Arnold Zenkert S.144.
    Zeigerspitze oder Lochblende erforderlich Für die Konstruktion der Datumslinien, eines persönlichen Datums, der babylonischen oder italischen Stunden ist die Berechnung der Zeigerspitze erforderlich oder auf dem Zeiger eine Lochblende anzubringen.
    Die verbreitete Begriffsverwirrung in der Gnomonik hat man in [6] AK Sonnenuhren S.4.8 versucht mit umfangreichen Begriffserklärungen zu begegnen. Danach haben z.B. Temporalstunden (antike, biblische, jüdische) keine geraden Linien (erkennbar allerdings erst bei phi>30° K. Schoy 1925 Seite F.29) und sind im Sommer länger und im Winter kürzer, da man den lichten Tag jeweils in zwölf gleiche Teile teilt, während die italischen bzw. böhmischen und die babylonischen bzw. griechischen Stunden grade Linien sind und ihre Stundenlänge mit der WOZ/ MOZ vergleichbar ist. Die babylonischen Stunden werden vom Sonnenaufgang gerechnet.

    Italienische Stunden werden vom vorhergehenden Sonnenuntergang gerechnet und werden mit einem Punktzeiger angezeigt. Ergänzt man die Stunden bis 24, so erhält man den Stundenrest bis Sonnenuntergang.
    Vor der Erfindung der Glühbirne war im Mittelmeerraum die Länge des lichten Tages besonders interessant. Für heutige einzelne Tagmenschen, extreme Stromsparer und Sonnenuhrliebhaber kann dies eine interessante Anzeige sein. Im Tessin (Schweiz) findet man heute noch einige Exemplare mit diesem Zifferblatt.

    Kriechisch und Welsch Stund

    In Europa war die Blütezeit des Sonnenuhrbaues das 16. bis 18. Jahrhundert, in denen die "Kompaßmacher" gute handwerkliche und gestalterische Arbeit leisteten.

    gutes Handwerk

    Es ist nicht unüblich auf einer Uhr gleich mehrere Zifferblätter wie WOZ, MEZ, Mittag einiger Weltstädte...darzustellen.

    Wahrer Mittag Wahrer Mittag mit der römischen XII dargestellt.
    Auf alle Fälle ist es ratsam bei den MEZ-Zifferblättern den Wahren Mittag (XII-Uhr Sonnenhöchststand) zu markieren, denn mit 12:00 Uhr-Mittag verbindet man doch unbewußt den Sonnenhöchststand, der bei der Zonenzeit (MEZ) und auch bei der Zeitansage im Radio: "Es ist jetzt 12:00 Uhr" (Mittag), in der Regel um einiges verschoben ist.

    Ohne Theorie geht es nicht:

    Nachdem ich als Amateur mir einiges an Literatur zu Gemüte gezogen, mich etwas mit dem Fachvokabular vertraut gemacht habe und versucht habe die Beschreibungen der Verfasser zum Sonnenuhrbau nachzuvollziehen, mußte ich feststellen, daß es besonders bei den Mathematikern nicht immer ganz einfach war und ist, wenn die sphärische Trigonometrie und das "Verschieben der Sonne" u.ä. erwähnt werden. Bei der Berechnung und Einrichten des Zeigers war es ähnlich.

    Steinmetze und Bildhauer arbeiten mehr mit Zeichnungen, dem praktischen "Einsehen" und mit Hilfsgeräten.

    Oft verwenden die Verfasser unterschiedliche Bezeichnungen für den selben Gegenstand.

    Bei den eigentlichen Berechnungen ist dies besonders verwirrend, wenn die Vorzeichen vergessen werden, der Winkel mal von Norden, dann von Süden gemessen wird. Man muß aufpassen, ob der Verfasser gerade mit dem Horizont-, Äquatorsystem oder schon mit der sphärischen Trigonometrie arbeitet.

    Wundert man sich über das Rechenergebnis, so freut man sich, wenn man bei einem anderen Autor beiläufig erfährt, daß es in der Astronomie üblich ist ein Zeitmaß ohne weiteres als Gradmaß in die Formel einzusetzen. ...von Druck- und Schreibfehlern ganz zu schweigen.

    Hat man endlich ein plausibles Ergebnis berechnet, so fragt man sich, trage ich den Wert nun rechts oder links von der Senkrechten ab....?

    Die Probleme mit der Literatur liegen nicht zuletzt auch an meiner eigenen Beschränktheit! Die Verfasser haben sich meistens große Mühe gemacht und in der neueren Literatur gibt es auch anschauliche räumliche Darstellungen wie es so zwischen Himmel und Erde läuft.

    Himmel und Erde

    Zum Glück gibt es diverse Sonnenuhrenprogramme, die einem vieles abnehmen, jedoch nicht das Wissen was sich hinter den einzugebenden Werten verbirgt.

    Nun, ich bin schon als Kind gerne Pilze "suchen" gegangen, da es eine spannende Sache ist bis man den nächsten findet. Und etwas anderes ist das Hobby hier wohl auch nicht!?

    Mein Zeigerschuh, ein praktisches Ergebnis

    Mein "Pilze suchen" hat sich gelohnt! Am Ende ist doch immerhin das brauchbare Ergebnis vom "Zeigerschuh" entstanden!

    In seiner Abwandlung als Zeiger"segel" ist er eine einfache und bequeme Lösung -besonders was die Befestigung mit zwei Schrauben betrifft- für eine Wand, die nicht genau nach Süden oder einer anderen Himmelsrichtung weist (= abweichende Wand).
    Diese Uhren an abweichenden Wänden sind die am häufigsten vorkommende Art von Wand-Sonnenuhren. Allerdings ist die Berechnung und Einrichtung des Zeigers für diesen Fall mit einigem Aufwand verbunden und überfordert oft den Heimwerker.
    Zeigerschuh Der Zeigerschuh läßt sich gut in Papier/ Karton zur Kontrolle des Zeigerstabes verwenden.

    Die direkte Ausführung in massivem Material als Zeiger kann ich nicht empfehlen, da es hierbei zu Problemen bei der Schattenablesung kommen kann.
    Deshalb habe ich mich für seine abgewandelte Form als Zeigersegel aus Blech o.ä. als schattenwerfende Zeigerkante entschieden. Wer den Schuh mit einem Stab verbinden will, sollte darauf achten, daß sich der Zeigerfußpunkt verschiebt!
    Eine Vergrößerung oder Verkleinerung vom Zeigerschuh mit entsprechendem Faktor ist ohne weiteres möglich, wenn man die Winkel wieder nicht verändert.

    Arbeitsschritte

    Wann kann man die Stunden markieren ? :

    I ch habe mich letztlich für die sogenannte "Markierungsmethode" entschieden, da diese anpassungsfähiger als die Berechnungen der Stunden mit ihren festen Zahlenwerten ist.

    An den vier Tagen mit ± 0 der ZG (am 15.April, 13.Juni, 01.Sept., 25.Dez.) zeigt die Sonnenuhr genau die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) an und Sie können direkt die Stunden von der Armbanduhr auf Ihrer Sonnenuhr markieren. Auch der Opa kann seine alte Taschenuhr direkt nach der Sonnenuhr justieren.

    Für die übrigen Tage im Jahr sind bei der Markierung die Korrekturbeträge gemäß der Zeitgleichung zu berücksichtigen.

    Was bedeutet z.B. „minus“/ „früher“ bei der Zeitgleichung?

    Die Erde dreht sich zu dieser Zeit schneller um die Sonne (2. Keplersche Gesetz), die Sonnenuhr geht somit vor und der Minutenbetrag ist von der Bahnhofsuhr zu subtrahieren.

    Diese Korrekturbeträge kann man zur Information und als Gestaltungselement sehr gut als Zeitgleichung-Diagramm ("negative" Zeitgleichung bzw. bei meinen Sonnenuhren als "Korrektur in Minuten") zu einer Sonnenuhr anfügen.

    Bei „laufender“ Sonnenuhr sind z.B. am 03.06. von der abgelesenen Zeit der Sonnenuhr zwei Minuten abzuziehen, damit sie mit der Bahnhofsuhr (bequemer ist wohl Vaters Digitaluhr !?) übereinstimmt.
    Nachmittags-Sonnenuhr Eine Nachmittags-Sonnenuhr

    Das Einrechnen der Zeitgleichung in jede Stunde als Achterschleife ist schon etwas aufwendiger.

    Fertigung, Montage und Prüfung :

    Auch geringfügige Ungenauigkeiten sind nicht nur peinlich, sondern lassen sich leider nicht mehr korrigieren, wenn man die Uhr bereits auf eine massive Hauswand aufgetragen hat.
    Bei einer gesonderten Platte, die man vor der Hauswand anbringt ist dies noch durch eine geringe Schrägstellung möglich. Ebenso läßt sich das Zeigersegel vorsichtig in seiner gesamten Fläche umbiegen und korrigieren.

    So sollte man bevor man "alles in Bronze gießt" den Zeigerschuh in Papier zusammenkleben und seine Funktion testen.

    Gestaltung :

    Bei der Sonnenuhrgestaltung trifft es zu, wenn man von den Wandsonnenuhren aus früherer Zeit sagte, daß keine Uhr mit einer zweiten identisch ist. Man hat hier also weite Möglichkeiten der Ausgestaltung.

    Bei den Ziffern hat sich etwas eingebürgert, daß man für die WOZ die Römischen und für die MEZ die Arabischen nimmt.

    Römische Ziffren

    Es ist auch früher gute Sitte gewesen, daß man die Stundenziffern zum Uhrenzentrum und nach dem Schattenschlag ausgerichtet hat, also etwas schräg. Leider ist diese Darstellung etwas aufwendiger für den Ausführenden und in keiner Weise zwingend. Bei den römischen Ziffern ist auffällig, daß die alten Uhrenbauer z.B. die IV als IIII darstellten (auch auf alten Taschenuhren). Ich nehme an, es hatte gestalterische Gründe.

    Ein wenig Literatur:

    [1] Heinz Schilt: Ebene Sonnenuhren, CH-Biel (im Selbstverlag), 1987

    [2] Arnold Zenkert: Faszination Sonnenuhr, Frankfurt a.M. 2005

    [3] Franz Embacher: Sonnenuhren bauen leicht gemacht, Köln 1984

    [4] Heinz Schumacher: Sonnenuhren Teil1 und 3, München 1984

    [5] Rene Rohr: Die Sonnenuhr, München 1982

    [6] Sonnenuhren-Handbuch: Deutsche Gesellschaft für Chronometrie
    Arbeitskreis Sonnenuhren, 1993

    Zum Schmunzeln